Loschwitzer Kirche

Werke von Heinrich Schütz, Augustin Pfleger, Leonhard Lechner und Johann Michael Bach verwoben mit Ricercari der Komponistin Reena Esmail (* 1983)

Was hat im Angesicht des Todes noch Bedeutung? Was muss in finalen Momenten noch zur Sprache kommen? Wie kann eine Lebensessenz in Worte gefasst werden?
Ausgehend von den Sieben letzten Worten Jesu am Kreuz durchstreift das Programm bekannte und selten gehörte Werke der Renaissance- und Barockzeit. Es sind zeitlos ergreifende Werke wie Leonard Lechners "Nach diesem Leiden" (1606 posthum) oder Augustin Pflegers "Ach, daß ich Wassers gnug hätt" (1670), die existenzielle Fragen des Menschseins mit den Worten der Bibel oder der christlichen Erzählung aufwerfen. Die instrumentalen Ricercari – eine der freiesten Kompositionsformen der Frühen Neuzeit – der amerikanischen Komponistin Reena Esmail bringen einfühlsam die Gegenwart und ihre Haltung im Umgang mit Tod und Sterben als Reflexionsmomente ein. Am Ende steht das versöhnliche "Wir gläuben all an einen Gott" SWV 303 von Heinrich Schütz, das nicht nur seinen Zeitgenossen am Ende des Dreißigjährigen Krieges eine Hoffnungsperspektive zu geben vermochte.
Für diesen nachdenklichen Ruhepunkt im Festivalprogramm lädt Ælbgut das Gamben-Trio tiefsaits ein. Die beiden aufstrebenden Ensembles bilden ein gemischtes Consort, in dem sich die solistische Stimme über einem sanften instrumentalen Fundament entfalten kann, das aber auch Raum schafft für intensive Tutti-Momente. Die junge Ensemble-Kollaboration realisiert mit diesem Programm ihr zweites Projekt und macht neugierig auf Kommendes.

(Alte Musik)

Das HEINRICH SCHÜTZ MUSIKFEST 2024 steht unter dem Titel „ungezähmt.kreativ.weiblich“ und richtet den Fokus auf die Künstlerinnen vor allem des 17. Jahrhunderts, auf die Sängerinnen, Instrumentalistinnen und Komponistinnen, sucht nach Spuren weiblicher Kunst- und Musikförderung und will zugleich den Blick auf Gegenwartskünstlerinnen richten – als Interpretinnen, Wissenschaftlerinnen und Komponistinnen.

Es eröffnet eine ganze Welt, schenkt man den schöpferischen Frauen im deutschen Sprachraum, in Italien, Frankreich und England zu Beginn der Moderne Gehör: scharfsinnig, kunstvoll, ungezähmt, auch nachdenklich, erschüttert und frustriert. Eine Zeit im Umbruch spiegelt sich in Musik und Dichtung sowie Malerei wider.
Die Entfaltungsmöglichkeiten der Zeitgenossinnen von Heinrich Schütz waren jedoch oft begrenzt und die Kulturgeschichte tat in nachfolgenden Jahrhunderten ihr Übriges, Zeugnisse weiblicher Kreativität der Frühen Neuzeit in dunkelste Schatten zu verbannen.

Als "artist in residence" ist Isabel Schicketanz mit ihrem Vokalensemble Ælbgut eingeladen, sich in Vielfalt und künstlerischer Meisterschaft diesem Thema zu nähern. Sie werden sechs Konzerte an allen Musikfest-Orten gestalten und in einer Quellenpräsentation in Kooperation mit der SLUB sowie in solistischen Kleinformen ganz unterschiedliche Zugänge zu altem und neuem Repertoire erlebbar machen.